Der vicus von Orsingen im Kontext der römerzeitlichen Besiedlung im Landkreis Konstanz ( Bearbeiter: Eric Breuer )

 Quellen:
Der Kreis Konstanz liegt westlich des Bodensees und grenzt im Westen an den Kanton Schaffhausen und im Süden an den Kanton Thurgau. Als Teil klassischer Altsiedellandschaften war er auch zur Römerzeit besiedelt. Während von den meisten der über 30 Fundorte mit Ausnahme von Büsslingen und Eigeltingen nur wenige Funde oder Befunde bekannt sind, stellt das römerzeitliche Material aus Orsingen mit alleine über 2'000 Terra sigillata-Gefässfragmenten und einer noch grösseren Anzahl an weiteren Keramikarten den grössten Fundkomplex dar. Obwohl der Kreis glücklicherweise über einen Kreisarchäologen verfügt, überwiegen durch die Aktivitäten zahlreicher privater Sammler nicht geschlossene Fundkomplexe sowie Terra sigillata-Formen gegenüber unansehnlicher handgemachter Keramik. Neben einer Auflistung der wichtigsten Fundorte ohne Materialvorlage durch H. Stather und der monographischen Aufarbeitung des Fundmateriales der villa rustica Büsslingen von K. Heiligmann-Batsch existieren nur kurze Vorberichte. Eine besondere Situation entsteht dadurch, dass vermutlich mitten durch den Kreis die Grenze zwischen den Provinzen Germania superior und Rätien verlief. Bemerkenswert ist zudem, dass südlich des Bodensees eine Vielzahl grösserer antiker Siedlungen nachgewiesen ist (Eschenz, Konstanz, Arbon und Bregenz), während vom Nordufer des Sees bislang keine gesicherten vici vorliegen.
 Zielsetzung:
Nach einer gründlichen Fund- und Befundaufnahme stehen bei der Analyse der römerzeitlichen Besiedlung des Kreises Konstanz fünf Ziele im Vordergrund: Zunächst werden alle römerzeitlichen Siedlungsstellen erfasst und nach Siedlungstyp typisiert werden, wobei Kennzeichen und Nachweis dörflicher Siedlungen (vici) besondere Bedeutung zukommt. Neben chronologischen Fragen, wie Beginn, Intensität und Dauer der Nutzung einzelner Siedlungsstellen stehen topographische Gesichtspunkte, wie Standortwahl, Bodengüte und Lage innerhalb des antiken Siedlungsgefüges im Vordergrund, wobei als topographische Sonderform auch Höhlen eine Rolle spielen. Als zweites wird das Fundmaterial - insbesondere die Keramik - einer genauen typologischen und chronologischen Ordnung unterzogen. Hierbei wird die von K. Heiligmann-Batsch und V. Jauch in Ansätzen schon vollzogene Definierung eines für den Bodenseeraum spezifischen Keramikspektrums weiter verfeinert. Mit Hilfe der spezifischen Bodenseekeramik werden als nächstes durch Kartierungen die Grenzen dieser Formengruppen nach Westen untersucht. Durch Analyse der Kartierung verschiedener Sachaltertümer werden Erklärungsmodelle für asymetrische Verbreitungen herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang wird besonders die Rolle der vermutlich in diesem Abschnitt verlaufenden Provinzgrenze gewichtet und falls nötig und möglich eine neue These zu deren Verlauf erarbeitet. Zusätzlich wird auch anhand Herkunft und Verbreitung lokaler Töpferwaren (Varianten an Typen und Verzierungen) ein kleiner Einblick in die dahinter stehenden Warenströme auf und um den Bodensee versucht. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Töpfersiedlung von Eschenz (Kanton Thurgau) zu, von der aus vermutlich ein Teil des Hegaus mit Keramik beliefert wurde. Während sich der überwiegende Teil der Arbeit mit der frühen und mittleren Kaiserzeit beschäftigt, wird in einem Abschlusskapitel Bedeutung spätantiker Funde des Kreises bezüglich Kontinuität römischer Bevölkerung und frühalamannischer Besiedlung gewichtet.
 Literatur:

J. Aufdermauer, Ein römischer Gutshof von Tengen-Büsslingen, Lkr. Konstanz. Archäologie der Schweiz 9, 1986, 57-61. -
J. Aufdermauer / H. Stather, Eine römische villa rustica bei Eigeltingen, Kr. Konstanz. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1988, 191-193. -
E. Breuer, Römer am nördlichen Bodensee. Eriskirch und Umgebung in römischer Zeit. (Tettnang 2001). -
R. Dehn / G. Fingerlin, Ausgrabungen der archäologischen Denkmalpflege Freiburg im Jahr 1976. Archäologische Nachrichten aus Baden 18, 1977, 3-11, Abb. 7a. -
J. Hald / G. Stegmaier / A. Zimmer, Neue Untersuchungen im römischen Gutshof von Eigeltingen, Kr. Konstanz. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2001, 130-133. -
J. Hald, Archäologische Untersuchungen im römischen Gutshof von Hohenfels-Liggersdorf, Kr. Konstanz. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2004, 181-185. -
K. Heiligmann- Batsch, Der römische Gutshof bei Büsslingen, Kr. Konstanz. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte des Hegaus. Forsch. U. Ber. Z. Vor- u. Frühgesch. In Baden-Württemberg 65 (Stuttgart 1997). -
H. Hiller, Eine Jupiterstatuette aus Orsingen im Hegau. Archäologische Nachrichten aus Baden 41, 1995, 3-12. - M. Kemkes, Bronzene Truhenbeschläge aus der römischen Villa von Eckartsbrunn, Gde. Eigeltingen, Kr. Konstanz. Fundber. Aus Baden-Württemberg 16, 1991, 299-387. -
H. Stather, Der römische Hegau. Hegau Bibliothek 89 (Konstanz 1993). -
E. Wagner, Fundstätten und Funde aus vorgeschichtlicher, römischer und alamannisch-fränkischer Zeit im Grossherzogtum Baden. Erster Theil. Das Badische Oberland (Tübingen 1908) Fig. 43. -
D. Wollheim, Römerzeitliche Keramik aus Orsingen/Hegau. Archäologische Nachrichten aus Baden 28, 1982, 36-41.

 Kontakt:
     Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Basel, Petersgraben 11, CH-4051 Basel

Doktoratsarbeiten

am Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Basel

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